www.pro-psychologie.de  
line decor
  
line decor
line decor
 
 
 
 


 

Charakteristisch für Zwangsstörungen sind nach ICD-10 folgende Symptome:

  • Zwangsgedanken in Form von Ideen, Vorstellungen oder Impulsen. Häufig drehen sich diese Gedanken um die Möglichkeit, andere zu verletzen oder in anderer Weise zu schädigen.
  • Zwangshandlungen, wie z.B. waschen/reinigen, kontrollieren, zählen, kaufen, ordnen und sammeln.

Diese Zwangssymptome werden von den Betroffenen als übertrieben erkannt (mind. eines davon). Versuche, diese durch Willensanstrengung oder mit Hilfe von „neutralisierenden Ritualen“ zu unterdrücken, scheitern oder gelingen nur zum Teil.

 

zwang

 
 
 
 

Wenn Zwangssymptome zusätzlich erhebliche Beschwerden verursachen bzw. das soziale Leben beeinträchtigen (z.B. weil Zwangsrituale so viel Zeit in Anspruch nehmen, dass Arbeiten nicht mehr erledigt oder Freundschaften nicht mehr gepflegt werden können), wenn die Symptome in einem Zeitraum von 2 Wochen an den meisten Tagen auftreten und wenn die Symptome nicht das Ergebnis einer anderen psychischen Störung sind, dann kann die Diagnose Zwangsstörung gestellt werden.

Ungefähr 2% aller Menschen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Zwangsstörung, die meisten leiden sowohl unter Zwangsgedanken als auch unter Zwangshandlungen. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen, der Erkrankungsbeginn liegt meist zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr. Unbehandelt  ist der Verlauf in der Regel chronisch, zusätzlich entwickeln sich oft Depressionen, Alkoholmissbrauch und Beziehungsprobleme.

Ausgelöst werden Zwangsstörungen häufig in belastenden Lebenssituationen oder durch kritische Lebensereignisse. Betroffene haben in der Regel ein Übermaß an erlebter Verantwortlichkeit und Perfektionismus. Typische Annahmen (nach Salkovskis) sind:

  • Einen Schaden nicht zu verhindern ist genauso schlimm, wie ihn zu verursachen.
  • Man sollte seine Gedanken kontrollieren.
  • An eine bestimmte Handlung zu denken ist dasselbe, wie sie auszuführen.
  • Man ist für jeden Gedanken verantwortlich, der einem kommt.

Aufdringliche Gedanken, die auch „Gesunde“ kennen, werden infolge dessen als bedrohlich bewertet, was zu Angst, Anspannung und Unruhe führt. Versuche, diese aufdringlichen Gedanken zu unterdrücken oder durch Zwangsrituale zu neutralisieren, schaffen kurzfristig Erleichterung. Aus drei Gründen treten dadurch die aufdringlichen Gedanken gehäuft auf:

  1. Der Versuch, die aufdringlichen Gedanken zu unterdrücken, lenkt die Aufmerksamkeit genau darauf.
  2. Weil das neutralisierende Zwangsritual kurzfristig Erleichterung bringt, lernt der Betroffene, nur auf diesem Wege Angst, Anspannung und Unruhe verringern zu können.
  3. Die Wahrnehmung der eigenen Verantwortlichkeit und die Bedeutung und der aufdringlichen Gedanken hinsichtlich ihrer Bedrohlichkeit wird erhöht.

Die verhaltenstherapeutische Behandlung zielt darauf ab, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Wichtige Elemente der Therapie sind:

  • Erarbeitung eines individuellen und plausiblen Erklärungsmodells für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Zwangssymptomatik.
  • Infrage stellen und Modifizieren der „strengen“ Grundüberzeugungen zu Verantwortlichkeit und Perfektionismus.
  • Relativierung der automatischen Gedanken durch Überprüfung von Wahrscheinlichkeiten (z.B. „Wie wahrscheinlich ist es, dass ich durch gefährliche Bakterien krank werde, wenn ich nach dem Toilettengang die Hände nur mit Wasser und Seife wasche, anstatt sie 30 Minuten intensiv zu schrubben?“), Erarbeitung von alternativen Interpretationen und Bewertungen sowie Verhaltensexperimente zur Überprüfung von Vorhersagen.
  • Konfrontation mit den auslösenden Situationen oder Gedanken und Verhinderung von Gedankenunterdrückung oder neutralisierenden Ritualen (Exposition mit Reaktionsverhinderung). Ziel hierbei ist es, den Betroffenen die Erfahrung zu ermöglichen, dass Angst, Anspannung und Unruhe auch auf andere Weise nachlassen können und die befürchteten Konsequenzen nicht eintreten.

Eine ergänzende Behandlung durch Psychopharmaka ist häufig sinnvoll, da Zwangserkrankungen auch eine neurobiologische Komponente haben. Antidepressiva, die auf den Serotoninhaushalt wirken, (Serotonin ist ein wichtiger Botenstoff im zentralen Nervensystem), können die Zwangssymptomatik abmildern und so den Einstieg in die psychotherapeutische Arbeit erleichtern. Die alleinige Behandlung mit Antidepressiva ist nicht ausreichend, da nach dem Absetzen die Zwangssymptome in der Regel mit der ursprünglichen Heftigkeit wieder auftreten.

Dieses Störungsbild liegt hier als PDF-Download vor.
nach oben